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Kulinarik

New Glocal und andere Foodtrends 2023: Interview mit Expertin Hanni Rützler.

Was ist 2023 zum Thema Essen zu erwarten? Die Herausgeberin des jährlichen Food Reports Hanni Rützler über Trends und Entwicklungen im Foodbereich.

01/09/2023, 03:07 PM

Foodtrends sind Antworten auf aktuelle Bedürfnisse und Probleme und spiegeln wandelnde Werte.

Hanni Rützler

Claudia Nichterl: Warum gibt es Foodtrends und was genau versteht man darunter?

Hanni Rützler: Foodtrends sind Produkte der Überflussgesellschaft und der zunehmenden Individualisierung. Erst die Befreiung von Knappheit, von verbindlichen Traditionen und Essregeln ermöglicht es, die Auswahl der Lebensmittel und die Entscheidung für oder gegen bestimmte Essstile an den persönlichen Werten und Bedürfnissen auszurichten. Foodtrends spiegeln damit Sehnsüchte und Lebensgefühl von KonsumentInnen; sie signalisieren auch einen Wertewandel und geben – richtig gelesen – auch Antworten auf Ernährungsprobleme – sowohl auf individueller als auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Damit können sie Akteur:innen der Lebensmittelwirtschaft wie Produktentwicklungs- und Innovationsabteilungen, Agenturen oder engagierte Landwirt:innen Orientierungshilfen bieten, um in einem komplexen Umfeld den für sie richtigen Weg zu finden.

Claudia Nichterl: Als Ernährungsberaterin verfolge ich seit mehr als 2 Jahrzehnten Trends oder Diäten, die kommen und gehen. Wie unterscheidet sich ein Foodtrend von einer Modeerscheinung oder einem Hype?

Hanni Rützler: Foodtrends unterscheiden sich von saisonalen Hypes oder von Medien aufgebauschten Mikrotrends dahingehend, dass sie längerfristige Veränderungsbewegungen und Wandlungsprozesse innerhalb bestimmter Esskulturen ankündigen. Es geht dabei um tiefgreifende soziale, ökonomische, politische und technologische Entwicklungen. Getragen wird ein Foodtrend immer von Menschen, die sich besonders intensiv mit Essen und Lebensmitteln auseinandersetzen oder weil sie bei ihrer Ernährung mit konkreten Problemen (z.B. gesundheitlich) konfrontiert sind.

 

Claudia Nichterl: Welche Entwicklungen erwarten uns 2023?

Hanni Rützler: Ein wichtiger Trend ist NEW GLOCAL – eine Neuausrichtung des globalisierten Ernährungssystems mit Rückkehr zu regionalen Agrarstrukturen mit kürzeren und transparenten Lieferketten und ein neuer Fokus auf Binnenmärkte. Das sind wichtige Schritte zu mehr Resilienz und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelversorgung. Sehen können wir diesen Trend am steigenden Angebot von regionalen Lebensmitteln in den Supermärkten. Außerdem entstehen im Zuge der Digitalisierung Plattformen und Netzwerke und ermöglichen Konsument:innen einen direkteren Einkauf. Durch New Glocal verschieben sich auch die Hierarchien: es zählt nicht mehr der günstige Preis, sondern die regionale Verfügbarkeit wird zum primären Kriterium, ob Nahrungsmittel importiert werden oder nicht.

Claudia Nichterl: Ein begrüßenswerter Trend, finde ich. Was erwartet uns noch?

Hanni Rützler: VEGANIZING RECEIPES lässt vermehrt zu pflanzlichen Lebensmitteln greifen. Damit gemeint ist, dass traditionelle Speisen vegan interpretiert werden, in Zukunft wird das ein selbstverständlicher Teil unserer Esskultur. Ob einfache vegane Variationen unserer Lieblingsspeisen oder mit neuen Hightech-Imitaten von Fleisch und Fisch, die Auswahl steigt.  Es bleibt aber eine Herausforderung für mit tierischen Lebensmitteln sozialisierten Menschen eine ausgewogene Ernährung zu realisieren, weil traditionelle Rezepte neben Fleisch und Wurst auch auf Eiern, Milch und Käseprodukten basieren. Zahlreiche Rezept-Plattformen und Kochbücher zeigen das „Veganisieren“ mit natürlichen Ersatzprodukten wie Pilzen, Kräutern, Hülsenfrüchten etc. Auch das Angebot an Ei-Alternativen wird immer größer. Aquafaba, Kichererbsenwasser, bietet sich als Alternative zu Eischnee an. Noch überzeugen nicht alle veganen Varianten von bekannten Speisen, aber der Wettbewerb um das Geschmackserlebnis, das dem Original am ähnlichsten ist – oder es sogar übertrifft –, ist bereits in vollem Gange.  

Caudia Nichterl: Gibt es noch einen 3. Trend?

Hanni Rützler: Jenseits der Produktion von Bio Lebensmitteln entstehen vermehrt nachhaltige Lebensmittel bekannt als REGENERATIVE FOOD. Hier steht die Regeneration des Bodens und die Biodiversität im Vordergrund, der nächste Schritt der Agrarwirtschaft, um den Planeten wieder gesünder zu gestalten. Der Klimawandel ist im Gange und die Landwirtschaft ist ein Mit-Verursacher und trägt zum Verlust der der biologischen Vielfalt bei. Es geht also nicht nur darum, was wir essen, sondern entscheidend ist, wie unser Essen produziert wird. Auch Ausgangsprodukte für vegane Speisen können eine schlechte Energie- und Nachhaltigkeitsbilanz haben, wenn zu viel Wasser oder Humusschickt der Böden verbraucht werden.

Regenerative Landwirtschaft setzt auf weniger synthetische Düngemittel, extensive Tierwirtschaft, größere mikrobielle Vielfalt und hat das Ziel, Kohlenstoff zu binden, um den Klimawandel zu bekämpfen. Dem in den USA entstandenen Nischen-Trend folgen bereits heimische LandwirtInnen, deren Produkte vor allem in der Spitzengastronomie gefragt sind. Ein Beispiel ist Reis aus Niederösterreich vom Biohof Mühl. Reis wächst neben Sojabohnen, Karotten, Kürbis, Weizen und Haselnüsse – biologisch und regenerativ, mit dem Ziel, die Böden der Kornkammer Österreich gegenüber der zunehmenden Trockenheit resilienter zu machen. Regenerative Landwirtschaft wird mittelfristig eine wichtige Komponente neben Bio Landwirtschaft, Permakultur und Lowtech-Methoden sein. Auch internationale Konzerne wie PepsiCo und Nestlé signalisieren, innerhalb der eigenen Lieferkette vermehrt auf Produkte aus der regenerativen Landwirtschaft zurückgreifen zu wollen.

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