Achtsamkeit im Alltag - Frau medititiert im Büro

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Natur & Nachhaltigkeit

Achtsamkeit im Alltag - so einfach geht wohlfühlen

Was ist Achtsamkeit? Wie verändert Achtsamkeit mein Leben? Wie kann ich meinen Alltag achtsam leben? Wir haben Antworten für Sie!

01/31/2023, 04:10 PM

Achtsamkeit hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Achtsamkeit zur Stressbewältigung. Achtsamkeit bei Depressionen. Achtsamer und dadurch zufriedener sein. Mehr Freude durch achtsames Leben. Wohlfühlen durch Achtsamtkeitsübungen. Für bestimmte Achtsamkeitstrainings können Selbstständige sogar den Gesundheitshunderter der Krankenkasse einlösen. Da muss doch was dran sein an dieser Achtsamkeit. Ich habe eine Spezialistin - Christine Kurzmann-Hradil - befragt. Sie beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema. Bei ihr habe ich selbst schon Achtsamkeitstrainings besucht. Sie erklärt uns, was Achtsamkeit bedeutet und wie Sie Ihren Alltag achtsam leben können - ohne zusätzlichen Zeitaufwand. 

Liebe Christa, kannst du uns erklären, was Achtsamkeit bedeutet?

Eine allgemeingültige Definition ist, dass wir achtsam im Moment leben und diesen bewusst wahrnehmen. Ich habe mich mit MSC (Mindful Self Compasion) und MBSR (Mindfulness-Based-Stress-Reduction) intensiv beschäfitgt und Selbstmitgefühl-Trainings gemacht. Für mich bedeutet Achtsamkeit vor allem Freundlichkeit mit sich selbst. Mehr Selbstmitgefühl und auch Selbstfürsorge. Einfach ein warmes Herz für sich haben - wer das einmal gelernt hat, lebt automatisch achtsam. Denn nur wenn es Ihnen gut geht, haben Sie die Energie, Ihren Alltag stressfrei zu bewältigen und für andere da zu sein.  

Achtsamkeit  ist keine harte Arbeit.  Vielmehr ist sie sehr angenehm und entspannend.  Und wir brauchen keine zusätzliche Zeit dafür.

Achtsamkeit ist schon seit Jahrtausenden Teil des Buddhismus. Der Buddhist Thich Nhat Hanh ist einer der Wegbereiter von Achtsamkeit im Westen. Dabei hat er neue Wege entwickelt, um die alten Weisheiten, an unser modernes Leben anzupassen. Thich Nhat Hanh beschreibt Achtsamkeit als eine Energie, die wir erzeugen, wenn wir unseren Geist zurück zu unserem Körper bringen. So kommen wir in Berührung mit dem gegenwärtigen Moment. Damit, was in und um uns herum vor sich geht. Wir machen uns unsere Atmung bewusst und kommen nach Hause zu unserem Körper. Der Atem hilft uns ganz einfach, achtsam zu sein. Auf der Seite von Thich Nhat Hanh können Sie sich seine Definition von Achtsamkeit anhören.  

Begründer der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion (MBSR) ist Jon Kabat-Zinn. Er ist Professor Emeritus für Medizin an der University of Massachusetts Medical School. Mit seiner Forschungsarbeit konnte er bemerkenswerte Veränderungen durch angewandte Achtsamkeit auf der Körper-, Geist- und Gesellschaftsebene nachweisen. Heute bieten zahlreiche medizinische Einrichtungen in er ganzen Welt Achtsamkeitstrainings und MBSR-Kurse an. Bei Jon Kabat-Zinn werden Gedanken und Gefühle weder unterdrückt, analysiert noch beurteilt. Wenn zum Beispiel bei einer Achtsamkeitsübung Gedanken oder Gefühle entstehen, betrachtet man sie. Doch man bewertet sie nicht und dann lässt man sie weiterziehen. Durch das Betrachten der eigenen Gedanken und Gefühle können Sie klarer erkennen, wie es Ihnen geht. Was tatsächlich in Ihrem Geist abläuft.  

Christine Kurzmann-Hradil

Wie kann ich Achtsamkeit lernen?

Wie kann ich in einer Zeit, in der Multitasking zu unserem Alltag gehört, Achtsamkeit lernen? Mache ich einfach eine Meditation? Genügt es, mich nur auf eine Aufgabe zu konzentrieren? Brauche ich einen Kurs dafür oder kann ich das auch selbst lernen?

Es braucht nicht viel, um Achtsamkeit zu lernen. Am einfachsten sind Atemübungen. Dabei geht es nicht darum, den Atem zu beeinflussen. Einfach nur auf meinen Atem hören, ihn wahrnehmen. Wenn Sie sich auf Ihren Atem fokussieren, sind Sie im Moment in Ihrem Körper. Vor allem am Anfang kann es schwierig sein, sich nur auf den Atem zu konzentrieren. Gedanken werden Sie ablenken. Nehmen Sie diese wahr und lassen Sie diese weiterziehen. Dann konzentrieren Sie sich wieder auf Ihren Atem - es darf zu einer Entspannung kommen. Muss aber nicht. Sie brauchen sich auf keinen Fall unter Druck setzen. Manchmal funktioniert es besser, manchmal klappt das mit der Konzentration nicht. Das ist okay. Achtsamkeit ist auch, neutral zur Kenntnis zu nehmen, dass vielleicht gerade kein guter Moment für eine Atemübung ist.

Achtsames Leben bedeutet, dass ich jeden Moment des Lebens wahrnehme und spüre, wie es mir damit geht. Wenn ich mich nur auf eine Aufgabe konzentriere, ist das fokussierte Aufmerksamkeit. Dabei beobachte ich aber noch nicht, wie es mir mit dieser Aufgabe geht. Tut sie mir gut? Macht sie Spaß? Nehmen wir an, Sie bereiten eine Präsentation vor und sitzen den ganzen Vormittag vor dem Computer. Wenn Sie sich nur dieser Aufgabe widmen und jede Ablenkung wie Handy oder E-Mails abschalten, werden Sie Ihre Präsentation schnell voranbringen. Sie sind konzentriert, im Thema und es gibt keine Ablenkung, durch die Sie sich immer wieder neu in Ihr Thema reindenken müssen. Was Sie ohne Achtsamkeit nicht wahrnehmen ist zum Beispiel, dass sich Ihre Nackenmuskeln verspannen. Ihre Augen starren die ganze Zeit auf den Bildschirm, Ihr Lidschlag wird reduziert und das belastet Ihre Augen. Möglicherweise vergessen Sie aufs Trinken oder Ihr Atem wird flacher. Wenn Sie achtsam mit Ihrem Körper verbunden sind, können Sie etwas dagegen tun. Ihre Präsentation wird erfolgreich, ohne dass Ihr Körper darunter leidet. 

Ein Kurs kann Ihnen helfen, Achtsamkeit zu verstehen. Außerdem unterstützt sie eine Trainerin oder ein Trainer dabei, das Leben achtsam wahrzunehmen. Wenn Sie in einem Kurs Achtsamkeit erleben, fällt es Ihnen auch leichter, diese im Alltag zu leben. 

Achtsamkeit und Selbstmitgefühl

Achtsamkeit im Alltag leben

Unsere Terminkalender sind voll, die Tage viel zu kurz. Für zusätzliche Achtsamkeitsübungen oder -trainings bleibt auf Dauer zu wenig Zeit. Kann ich Achtsamkeit dennoch in meinen Alltag integrieren?

Achtsamkeitsübungen sind ein Werkzeug, mit dem Sie Achtsamkeit lernen können. Achtsamkeit selbst ist eine Energie, die irgendwann zur inneren Haltung, zur Routine wird. Alles, was ich im Alltag tue, kann ich achtsam machen. Wenn Sie zum Beispiel in der Früh unter der Dusche stehen, dann nehmen Sie Ihre Gedanken und Ihren Geist mit. Denken Sie nicht ans Büro oder an die Kinder. Stellen Sie bewusst die Temperatur ein. Fühlen Sie, das Wasser auf Ihrer Hand oder Ihrem Fuß. Spüren Sie den warmen Wasserstrahl auf Ihrer Haut. Nehmen Sie den Duft des Shampoos wahr. Massieren Sie Ihre Kopfhaut, wenn Sie sich die Haare waschen - so wie es Ihre Friseurin macht. Seien Sie dankbar dafür, dass Sie warmes Wasser zum Duschen haben. Spülen Sie die Haare aus - wie fühlen Sie sich an? Vielleicht möchten Sie einen Schluck Wasser trinken? Seien Sie dankbar dafür, dass Sie mit Trinkwasser duschen dürfen. Horchen Sie in sich hinein, wie gut Ihnen die Dusche tut. Vielleicht schenken Sie sich auch ein Lächeln? Trocknen Sie sich achtsam ab und vielleicht cremen Sie sich noch ein. Nehmen Sie Zentimeter für Zentimeter wahr. Und wenn Ihre Gedanken dazwischen abschweifen, holen Sie diese einfach immer wieder zurück. Machen Sie jede Dusche zum Ritual und erleben Sie, wie einfach Achtsamkeit ist und vor allem, wie gut sie Ihnen tut. 

Genauso putzen Sie Ihre Zähne, ziehen sich an, fahren Sie ins Büro, essen Sie, trinken Sie ... Nehmen Sie jeden Moment Ihres Lebens bewusst wahr. Denn jeder Moment, den wir erleben dürfen, ist ein Geschenk. 

Eine Dusche ist angenehm. Da kann ich mir vorstellen, dass Achtsamkeit schnell zur Routine wird. Allerdings gibt es nicht nur so angenehme Momente in unserem Alltag. Was macht zum Beispiel eine Mutter mit zwei Kindern in der Früh. Die müssen geweckt, geduscht, angezogen und in die Schule gebracht werden. Und Frühstück wollen sie bestimmt auch. Der Zeitrahmen ist meistens eng. Wie kann eine Mutter diese Morgenroutine achtsam bewältigen?

Zuerst darf die Mutter das Wort "müssen" aus ihrem Wortschatz streichen. Wenn Se in der Früh ins Zimmer der Kinder geht, um diese aufzuwecken, kann sie einen kurzen Moment innehalte und sich bewusst machen, wie glücklich sie ihre Kinder - meistens - machen. Jeden Tag bereiten ihr die Kinder viele schöne Augenblicke, die vielleicht im alltäglichen Stress untergehen. Bevor Sie die Kinder weckt, kann Sie sich mit ihrem Atem verbinden und dankbar dafür sein, dass die Kinder gesund sind. Wenn sie dann noch lächelt, weil sie an einen schönen Moment mit den Kleinen denkt, fällt die Morgenroutine schon leichter. Auch der Gedanke, dass es ja allen Müttern so geht, hilft. Es ist ganz normal, dass der Alltag manchmal herausfordernd sein kann. Achtsamkeit gibt der Mutter - und natürlich auch dem Vater - die Kraft, schwierige Momente entspannter und bewusster zu erleben. Kinder, die diese Ruhe spüren, sind schneller wieder kleine Sonnenscheine.   

Alles, was wir für uns selbst tun, tun wir auch für andere. Alles, was wir für andere tun, tun wir auch für uns selbst.

Wie hast du achtsames Selbstmitgefühl gelernt?

Schon bevor ich mich mit Achtsamkeit auseinander gesetzt habe, habe ich unbewusst achtsam gelebt. Die Natur war schon immer wichtig für mich, auch das Bewusstsein, dass alles, was ich mache, Auswirkungen auf andere hat. Durch MBSR habe ich gelernt, weniger selbstkritisch zu sein und mir Unterstützung zu holen. Niemand von uns muss alles alleine schaffen. Wertfrei hinschauen und nicht gleich be- oder verurteilen - wurde Teil meines Alltags. Oft sind wir enttäuscht, weil wir uns etwas erwarten. Achtsamkeit erwartet nichts. Wenn ich im Moment lebe, habe ich keine Erwartungshaltungen. Es ist mehr Forschergeist, mit dem ich meine Wahrnehmung lenke. Was höre ich, was fühle ich, was spüre ich. Außerdem habe ich gelernt, Nein zu sagen. Dinge, die mir nicht gut tun, abzuwenden. Auch das gehört zum achtsamen Leben. 

Mehr Informationen über Achtsamkeit

Das klingt eigentlich alles ganz einfach. Aus Erfahrung weiß ich, dass es nicht ganz so leicht ist, weil achtsames leben erst zur Routine werden muss. Kannst du uns Bücher, Apps oder Webseiten mit weiterführenden Informationen empfehlen?Mittlerweile gibt es sehr viele gute Bücher zum Thema Achtsamkeit, MBSR und Selbstmitgefühl. "Jeder Augenblick kann dein Lehrer sein" von Jon Kabat-Zinn ist ein guter Einstieg. 100 Achtsamkeitsmomente sind mit stimmigen Bildern erklärt.

Jeder Augenblick kann dein Lehrer sein

Thich Nhat Hanh hat ebenfalls viele Bücher geschrieben. "Das Wunder der Achtsamkeit" ist ein guter Einstieg, wenn Sie mehr über Achtsamkeit wissen wollen und wie Sie diese in Ihren Alltag integrieren können. "Selbstmitgefühl, Schritt für Schritt" von Kristin Neff erklärt die Wirkung von Selbstmitgefühl und enthält praktische Anleitungen, die Sie mit einem Code online abrufen können. Der Arbor Verlag hat sich auf Bücher spezialisiert, die mehr Menschlichkeit, innere Freiheit und Bewusstsein in unser Leben bringen - Bücher über Achtsamkeit, Selbstmitgefühl und Meditation gehören dazu. Im Online Center des Verlags finden Sie Webinare, Seminare und Online-Kurse zum Thema. Darunter zum Beispiel auch ein kostenloses Webinar "Achtsames Selbstmitgefühl für Eltern". Auf Selbstmitgefühl und Herzenswärme hat sich auch Christine Brähler spezialisiert. Auf ihre Website finden Sie herzfokussierte Meditationen zum Ausprobieren. Cornelia Löhmer, Rüdiger Standhardt geben in dem MBSR-Übungspraxisbuch "MBSR - Die Kunst, das ganze Leben zu umarmen" eine kompakte und umfassende Einführung in das MBSR-Programm. Mit den beiliegenden CDs können Sie die Übungen gleich ausprobieren. 

MBSR - Die Kunst, das ganze Leben zu umarmen

Eine ganz einfache Achtsamkeitsübung

Liebe Christa, vielen Dank für diese Einführung und deine Tipps. Hast du zum Abschluss noch eine kleine Achtsamkeitsübung für unsere LeserInnen?

Vielen Dank auch für das Interview. Wenn Sie im Alltag einen Augenblick Zeit haben oder Sie vielleicht gar nicht so gut drauf sind, setzen Sie sich bequem hin. Schließen Sie die Augen und legen Sie eine Hand auf Ihr Herz. Spüren Sie einfach nur Ihren Atem. Lassen Sie ihn einfach fließen, ohne ihn zu beeinflussen. Und dann versuchen Sie, innerlich zu Lächeln. Schon nach einer halben Minute werden Sie merken, dass sich etwas verändert. Probieren Sie es einfach aus und beobachten Sie, was sich verändert. 

Lächeln mit einem Bleistift
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